Beschluss eines kommunalen Klimavorbehalts

Antrag Stadtverordnetenversammlung

Beschluss
Die Stadtverordnetenversammlung beschließt einen Klimavorbehalt zur aktiven kommunalen Teilnahme an der Erreichung der nationalen und internationalen Klimaziele, in welchem sie, der Magistrat und die Verwaltung verpflichtet werden, jede Entscheidung daraufhin zu überprüfen, ob das Ziel einer CO2-neutralen Stadt bis 2050 (wobei bis 2030 rund die Hälfte des Weges zurückzulegen ist) gefördert wird. Die Bekämpfung des vom Menschen gemachten Klimawandels und die Erhaltung und Förderung der Biodiversität haben dabei höchste Priorität. Es sind solche Entscheidungen und Lösungen zu bevorzugen, die sich positiv auf den Klima-, Natur- und Artenschutz auswirken.

Folgende Maßnahmen stehen u.a. im Fokus des städtischen Klimaschutzes, die zügig anzugehen und in den zukünftigen Haushaltsplänen, bzw. im Nachtragshaushalt 2020 zu berücksichtigen sind:

1. Die energetische Gebäudesanierung und Umsetzung nachhaltiger Energiekonzepte, insbesondere bei den kommunalen Einrichtungen und Gebäuden der Stadt, mit dem Ziel der klimaneutralen Gebäudeenergieversorgung.

2. Der weitere Ausbau erneuerbarer Energien zur Stromversorgung und die Weiterentwicklung der Ladeinfrastruktur für Elektromobilität.

3. Die stetige Fortentwicklung und Optimierung des ÖPNV-Angebots und des Ausbaus der Radverkehrsflächen mit dem Ziel ein Umsteigen vom Auto auf umweltfreundlichere Verkehrsmittel zu erleichtern.

4. Die extensive Bewirtschaftung der städtischen Eigentumsflächen zur Förderung der Artenvielfalt sowie zur Erhaltung und Aufwertung ihrer Lebensräume.

5. Die regelmäßige Berichterstattung des Magistrats, im Abstand von mindestens zwölf Monaten gegenüber der Stadtverordnetenversammlung sowie eine in gleichem Abstand stattfindende Informations- und Anhörungsgelegenheit der Bürger.

Geeignete Fördermaßnahmen sollen entsprechend in Anspruch genommen werden.


Begründung
Mit dem Klimaschutzabkommen von Paris 2015 hat die Weltgemeinschaft einen Zielkorridor zur Eindämmung des anthropogenen Klimawandels beschlossen. Dass es sich beim Klimawandel um eine ernstzunehmende und akute Bedrohung handelt, zeigen die ehrgeizigen Klimastrategien und -ziele der Union, die Ziele des Klimaschutzplans 2050 der Bundesregierung sowie der Integrierte Klimaschutzplan Hessen 2025. Dennoch wird das bundesweite Ziel bis 2020 voraussichtlich nicht erreicht. Deswegen muss dem Klimaschutz oberste Priorität, auch auf kommunaler Ebene entsprechend des Art. 20a GG und des Wortlauts des Art. 26a Hessische Verfassung, eingeräumt werden. Mittlerweile können sich Städte, insbesondere in Netzwerken wie ICLEI – Local Governments for Sustainability als relevante Akteure im globalen Klimaschutzregime positionieren, denn Umweltschutz gehört als globales und stark öffentlichkeitswirksames Thema unstreitig zum genuinen Aufgabenkreis der örtlichen Gemeinschaft. Die Bundesregierung hat den Stellenwert des kommunalen Klimaschutzes ebenfalls erkannt und billigt im Rahmen der Kommunalrichtlinie Förderungen für Klimaschutzprojekten im kommunalen Umfeld zu. Dem schließt sich ebenfalls das Land Hessen mit Mitteln zur Förderung von kommunalen Klimaschutz- und Klimaanpassungsprojekten sowie von kommunalen Informationsinitiativen an. Insbesondere als „Gesundheitsstadt“ besteht eine besondere Verantwortung dem Umweltschutz gegenüber – denn Umweltschutz bedeutet nicht nur Schutz der Lebensgrundlagen, sondern auch Schutz der Natur als Erholungs- und Genesungsort. Es wird in Bad Nauheim bereits viel getan. Es besteht ein Parkpflegewerk, ein Plan für die Stadtgrünpflege und weitere Pflegepläne. Auch die neu angelegten Blühstreifen mit heimischen Saatgut sowie die innovative Positionierung der Stadtwerke mit neuen bzw. alternativen Energieformen sind u.a. gute Ansätze. Aber gerade im Hinblick auf die anstehende erneute Prädikatisierung zum Heilbad sollten wir uns verpflichtet fühlen, das Klima in der unserer Kurstadt weiterhin zu verbessern. Dafür müssen Maßnahmen ergriffen werden, denn der Klimawandel wartet nicht. Aus diesen Gründen sind politische Entscheidungen sowie Entscheidungen der Verwaltung grundsätzlich mit dem Vorbehalt zu versehen, Erwägungen des Klima-, Natur- und Artenschutzes mit zu berücksichtigen und die der Umwelt dienlichsten Lösungen zu bevorzugen. Eine ganzheitliche Einbindung von Klima-, Natur-, und Artenschutz in die politischen und verwaltungsspezifischen Entscheidungsprozesse wertet Bad Nauheim als attraktiven Standort zusätzlich auf, indem Umweltbewusstsein und Umweltverantwortung über das übliche Maß hinaus präsentiert wird. Damit wird nicht nur ein Zeichen gegenüber den Bad Nauheimer Bürgern und Besuchern gesetzt, sondern auch gegenüber anderen Kommunen. Für aktiven Klima-, Natur- und Artenschutz braucht es nicht nur nationale, europäische und internationale Pläne, Ziele und Abkommen. Es bedarf gerade auch und zu vörderst der Initiative der örtlichen Gemeinschaft.

Die weitere Begründung erfolgt mündlich.