Bündnis90/Die Grünen
Herr Stadtverordnetenvorsteher, meine Damen und Herren,
Nachtrags-Haushalt 2019/2020: Ziel erreicht! Unter dem Strich: Dauerhaft keine roten Zahlen mehr! Also solide! Was wollen wir mehr?
Herr Krank, Sie und das ganze Team in der Kämmerei haben einen guten Job gemacht. Es ist wohltuend festzustellen, dass der Kämmerer mit ruhigen und konstruktiven Wortmeldungen in den Ausschusssitzungen zur Lösungsfindung beiträgt. Die Haushaltsabschlüsse wurden – wie auch schon in der jüngeren Vergangenheit – zeitnah vorgelegt. Jetzt ist die Kommunalaufsicht am Zuge, die notwendigen Prüfungen zügig abzuschließen. Wir wissen jedenfalls die Haushaltsführung in guten Händen.
Es gibt durchaus positives zu berichten – Bad Nauheim investiert in die Zukunft!
- Der Waldpflegeplan: Der Bad Nauheimer Wald soll nachhaltig und denkmalgerecht bewirtschaftet werden. Die Zertifizierung nach den FSC-Richtlinien ist vorbildlich und umweltpolitisch wertvoll. Die Umsetzung wird von externem Fachverstand begleitet. Die Mehrheit hat dafür gestimmt. Das ist gut so.
- Der Verkehrsentwicklungsplan, den wir hier vor vier Jahren fast einstimmig beschlossen haben. Erklärtes Ziel ist eine umweltverträglichere Mobilität für jedermann und jede Frau. Weniger Autoverkehr in der Innenstadt, mehr Parkplätze an den Stadtrand und die weitere Förderung des Radverkehrs. – Unverzichtbar und absolut notwendig für die anstehende Rezertifizierung als Heilbad!
- Die Auszeichnung Bad Nauheims als Fairtrade Stadt ist positiv hervorzuheben wie auch der Umweltpreis der Stadt Bad Nauheim, der alle zwei Jahre ausgelobt wird.
- Dann, auf jeden Fall die hervorragende Kinderbetreuung, die die Stadt leistet. Rund 1050 Kindergartenkinder und 280 Unter-Dreijährige finden einen Betreuungsplatz in Bad Nauheim. Gut 10 Millionen Euro lassen wir uns das als Zuschussbedarf in 2020 kosten. Eine stolze Summe, aber gut angelegtes Geld. Das ist wirklich eine Investition in die Zukunft.
Welche Ziele sind noch nicht verwirklicht?
Ganz konkret und aktuell: Das alte marode Thermalbad ist komplett verschwunden. Der Neubau ist geplant und für die kommenden Jahre eingepreist!
Allerdings:
Den geplanten Neubau mit Einbindung
des Badehauses 2 betrachten wir Grüne weiterhin skeptisch. Wir hatten und wir
haben Bedenken im Hinblick auf die Auflagen des Denkmalsschutzes und die
dadurch kaum zu kalkulierenden Kosten. Und wir hatten und haben weiterhin die
Befürchtung, dass mit diesem Beschluss das Aus der Städtischen Spielstätte
besiegelt wird.
Die Beschlüsse der StVV sagen, dass die Spielstätte im Sprudelhof bleibt, aber
ob sie auch verwirklicht werden, das steht auf einem ganz anderen Blatt. In Bad
Nauheim können Pläne plötzlich ad Acta gelegt werden. Manchmal sogar nur
Monate, nachdem sie beschlossen wurden.
Auch wenn der Neubau einer Therme zukünftige Haushalte noch kaum kalkulierbar belasten wird – wenn wir über den lokalen Tellerrand schauen, dann ist das doch nur ein „Problemchen“!
Es gibt wirklich größere Herausforderungen!
Der menschengemachte Klimawandel! – Bad Nauheim war in den letzten beiden Jahren mehrfach der heißeste Ort in Deutschland. Was hat das für Folgen, wenn diese Entwicklung ungebremst so weiter geht?
„Wird schon nicht so schlimm werden“– oder – „Können wir in Bad Nauheim eh nicht beeinflussen!“ Das scheint die Ansicht der Fraktionen der UWG, CDU und FDP zu sein! Bereits im Juni hat Dr. Christian Troidl hier ausführlich und eindrücklich unseren Antrag auf einen kommunalen Klimavorbehalt begründet, mit dem sich die Stadt verpflichtet, lokal das zu tun, was sie leisten kann, um die Zerstörung unserer Lebensgrundlagen zu bremsen.
Ihre Ablehnungsgründe reichen von „zu wenig konkret“, über „Antragstext ist zu lang“ bis zu „zu bürokratisch“. Alleine bei der Fraktion der SPD war in den folgenden Monaten ein echter Wille erkennbar, einen gemeinsamen Beschluss zu erarbeiten.
Klimawandel??? – Auswirkungen auf den Nachtragshaushalt?? – Das interessiert uns hier nicht! Darauf läuft´s doch hinaus!
Außerdem: Unsere Vorschläge für den Haushalt 2020 wurden sämtlich von der Mehrheit dieses Hauses in den Haushaltsberatungen abgelehnt:
- Wir wollten mit Einführung eines neuen Parkraumkonzepts eine zusätzliche Stelle im Bereich der Ordnungspolizei schaffen, um die Regelungen zum ruhenden Verkehr umfassender durchsetzen zu können. Der Antrag wurde abgelehnt!
- Wir haben ein jährliches Budget – etwa in Höhe von 10% aus der Einnahme der Parkgebühren – für Investitionen in eine Verbesserungen des Fußgänger- und Radverkehrs vorgeschlagen. Das wäre eine Summe von 150.000 bis 200.000 Euro gewesen. Der Antrag wurde abgelehnt!
- Wir wollten einen Haushaltsbegleitbeschluss, für eine nachhaltige und faire Beschaffung. Wörtlich hieß es in unserem Antrag: „Bei Beschaffungen durch die Stadt Bad Nauheim sollen grundsätzlich fair gehandelte, nachhaltig oder regional hergestellte Produkte bevorzugt werden“. Eigentlich doch eine Selbstverständlichkeit! Oder wollen wir hier in unserer Fußgängerzone Pflastersteine setzen, die in Bangladesh oder anderswo unter unmenschlichen Bedingungen und in Kinderarbeit hergestellt wurden. – Auch dieser Antrag wurde abgelehnt!
Ja, Stadtverordnetenvorsteher Gerhard Hahn hatte vollkommen Recht in seiner Weihnachtsansprache! – „Bad Nauheim geht´s gut! Wir sind eine überaus attraktive Wohlfühl- und Gesundheitsstadt im Speckgürtel der Rhein-Main-Region.“
Aber, so seine Worte, wir sind aufgefordert, mehr zu tun! Global denken – lokal handeln! – Das hatte er uns als Aufgabe für eine bessere Zukunft in Bad Nauheim mitgegeben.Das kann nur bedeuten: Die Energiewende und die Mobilitätswende hier in Bad Nauheim entschlossen und tatkräftig voranzutreiben! Leider erfüllt dieser Nachtragsplan 2020 unsere notwendigen und berechtigten Forderungen bei weitem nicht. Daher sehen wir uns gezwungen -trotz aller genannten positiven Ansätze-, diesen Entwurf abzulehnen.